Der Titel ist zunächst etwas irreführend. Von sanfter Elektronik, wie sie der belgische Komponist und Pianist Jean-Luc Fafchamps auf seinem Album “Gentle Electronics” ankündigt, ist erst einmal wenig zu merken. Sein Stück “Beth/Veth” beginnt vielmehr mit metallischen Perkussionsklängen, gefolgt von Klaviertönen, beides vom Pianisten Stephane Ginsburgh mit stark meditativem Gestus gespielt. Die Perkussion erinnert an die Glocken und Zimbeln bei einem buddhistischen Ritual, und die ruhigeren Klavierpassagen, repetitiv-insistierende Akkordfolgen, offenbaren eine Nähe zum französischen Komponisten Olivier Messiaen, der insbesondere für das Klavier großartige Meditationsmusiken geschrieben hat. Die elektronischen Anteile bei Jean-Luc Fafchamps werden erst allmählich aus dem akustischen Material gewonnen, mit Tonabnehmern, über die die ursprünglichen Klänge zum Teil rückwärts wiedergeben gegeben, aber alles sehr behutsam und diskret. Offensichtlicher am Werk ist die Elektronik im zweiten Stück “Street Life”, in dem der Bratschist Vincent Royer einige Figuren auf seinem Instrument spielt, daraus Loops erzeugt, und weitere Elemente live hinzuspielt, die dann wieder geloopt werden. Anfangs schichtet er daraus einen minimalistischen Groove, später verdichten sich die Linien zu einem Gewirr, aus dem sich nach und nach wieder ruhigere Stimmen herausschälen. Eine Straßenmusik – die Komposition ist im Freien aufzuführen – mit gelegentlichen Verkehrsgeräuschen und durchaus hypnotischen Qualitäten.
Tim Caspar Boehme, 02.12.2015